Wir befinden uns im digitalen Zeitalter

Wirtschaft und Politik singen noch heute das hohe Lied vom wirtschaftlichen Wachstum. Wieso? Bis in die 70er Jahre führte wirtschaftliches Wachstum zu mehr Arbeit und Brot für die Gesellschaft in Form neuer Arbeitsplätze. Mehr Beschäftigung für die Bevölkerung führt zu mehr Wohlstand der Gesellschaft. Und heute? Mit dem Einzug von Computer und Roboter in der Wirtschaft in Kombination mit internationaler Konkurrenz als Folge weltweit offener Märkte (Globalisierung) und international tätigen Anlegern hat sich dies grundlegend geändert. Das globalisierte digitale Zeitalter ist angebrochen!

Wachstum heisst heute in der Regel:

  1. höhere Produktivität von Maschinen
    Es werden keine Arbeitsplätze mehr neu geschaffen, sondern die Produktivität bestehender Maschinen erhöht oder neue beschafft um die Produktivität zu erhöhen. Um Wachstum zu erzielen werden gar Arbeitsplätze, die bloss noch als Kostenfaktor betrachtet werden, abgebaut. Die Folgen (Sozialkosten) hat die Gesellschaft zu tragen.
    In einem Interview mit Klaus Schwab, Gründer des World Economic Forum (WEF), mit Christian Dorer (Blick) vom 13.01.2020, 11:55 Uhr, ist unter anderem nachzulesen: „… Wir befinden uns in einer Übergangsphase von der Nachkriegswelt in eine neue Ordnung, die zuerst gestaltet werden muss. Ich bin optimistisch, dass dies gelingt. Mit der vierten industriellen Revolution müssen wir einen neuen Lebensinhalt finden. Der heutige Zweck des Daseins ist immer noch sehr stark definiert von Produktion und Konsum. Wir definieren uns darüber, was unsere Stellung im Beruf ist, welches Auto wir fahren, welche Uhr wir tragen. Das gibt uns unseren Lebenszweck. Weil es für den Menschen viel weniger Arbeit geben wird, wird sich das ändern müssen in «sharing and caring», das heisst wir werden vieles teilen, zum Beispiel das Auto, und wieder stärker füreinander sorgen. – Weil Roboter die Arbeit übernehmen? – Wir werden uns überlegen müssen, wie wir uns unterscheiden vom Roboter. Wir haben die grosse Möglichkeit, eine Zivilisation zu werden, bei der wirklich der Mensch im Mittelpunkt steht … Das wird uns zwingen, noch mehr über unseren Lebenszweck nachzudenken. Im Moment herrscht die Logik: Ausbildung, Arbeit, Pensionierung und Geniessen bis zum Moment des Sterbens. Künftig wird die Ausbildung das ganze Leben lang dauern und die Arbeit auch. Weniger, aber länger.
  2. mehr “Brot” für Unternehmer und Investor
    Im globalisierten digitalen Zeitalter erwirtschaften Maschinen die Unternehmenserträge. Erwirtschaftete Erträge fliessen nicht mehr in Form von Gehältern an die Arbeitnehmer und Sozialabgaben an den Staat zurück in die Gesellschaft. Im globalisierten digitalen Zeitalter fliessen die erwirtschafteten Erträge in die Tasche des Unternehmers und den Investor als Aktienanleger (Shareholder Value). Diese müssen heutzutage in der Regel dafür nicht mal Sozialabgaben leisten. Im Gegenteil, Sie geniessen im Einklang mit dem hohen Lied “die Wirtschaft verheisst uns nur Gutes” noch Vorzüge und Anreize.
    → Lesen Sie dazu auch den Artikel der Basler Zeitung vom 03.10.2017: Technologie soll 30’000 UBS-Mitarbeiter ersetzen
  3. das erwirtschaftete Kapital fliesst ab
    Heutzutage bleibt das Kapital nicht mehr an den Standort gebunden, wo es einst erwirtschaftet wurde. Es fliesst. Es fliesst international. Es fliesst dorthin, wo es dem Anleger die höchste Rendite verspricht. Oft fliesst deshalb das Kapital nach Asien oder Amerika.
  4. auch Arbeitnehmer und Kleinanleger unterliegen dem Renditestreben
    Die Errungenschaft der Altersvorsorge der Arbeitnehmer war eine grosse Leistung. Doch auch Pensionskasse und Privatanleger haben heute nur noch ein Interesse: Rendite erzielen. Interessenskonflikte scheinen offenbar nicht zu bestehen, wenn fremdverwaltete Pensionskassengelder dem Wirtschaftskreislauf des eigenen Landes entzogen werden um im Ausland höhere Renditen zu erzielen. Kurzsichtig muss gar der Privatanleger eingeschätzt werden, wenn er sich genauso verhält. Mit seinem Verhalten untergräbt auch er den Arbeitsmarkt seines Landes.

Fazit
Weder die technologische Weiterentwicklung noch die Globalisierung der Wirtschaft und der Finanzströme lassen sich aufhalten. Sie schreiten weiter fort mit allen aufgezeigten Konsequenzen. Wir können aber Massnahmen ergreifen, die den Wohlstand der Gesellschaft sichern und den Staat bei Erbringung seiner Aufgaben nicht gefährden. Das neue globalisierte digitale Zeitalter verlangt neue Antworten. Hier einige Lösungsansätze:

  1. Jede produzierende Maschine, die ein Unternehmen produktiv einsetzt, wird Sozialkostenpflichtig analog dem Arbeitnehmer.
  2. Ausgeschüttete Unternehmensgewinne an Investoren und Unternehmer sind Sozialkostenpflichtig.
  3. Kapital, das zu Anlagezwecken das Land verlassen, sind zugunsten der Sozialkasse des Staates zu besteuern.

Lassen wir es nicht zu, dass Staat und Gesellschaft in eine bedrohliche finanzielle Lage geraten, und wenige gar noch davon profitieren! Lassen wir es nicht zu, dass Wirtschaft und Kapital dem Staat und der Gesellschaft diktieren, wie sie sich zu verhalten haben!

Politik und Gelehrte nehmen offenbar von dieser Entwicklung keine Kenntnis und ziehen die falschen Schlüsse. Es liegt also an jedem von uns, werter Leser. Auch an Ihnen! Denken Sie bei Ihren Anlageentscheiden und Ihrem Abstimmungsverhalten daran!